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Heimatjahrbuch 2021 des Saale-Orla-Kreises, 29. Jahrgang
Anmerkungen und Richtigstellung zum Beitrag des Herrn Matthias Schumann, Seite 179 ff, zur historischen Aussage über das Bestehen des Gasthofes "Zur Goldenen Aue" Oberpöllnitz und seiner fehlenden Quellenangabe.

Gasthof „Zur Goldenen Aue“ und Landhotel der Familie Schumann in Oberpöllnitz/Thür.
Seit 1866 Schumann`sche Speise- u. Schankwirtschaft, Herberge, Ausspanne und Materialwarenhandlung
Ein Auszug aus der Dokumentation "Schankwirtschaften-Historie in Oberpöllnitz".
(Hauptseite "Das Dorf Oberpöllnitz" - Unterseite "Schankwirtschaften-Historie")

A) Ernst Louis Schumann, 1. Gastwirt (1842 - 1915) verh. mit Wilhelmine geb. Siegel (1859 – 1876)
Das Objekt, Haus und Grundstück unter der Nr. 225a in Oberpöllnitz, wurde am 26.10.1866 von dem Ernst Louis Schumann aus Steinpöllnitz käuflich erworben. Vorbesitzer bis 1852 war Johann Karl Büttner. Er verkaufte wegen Auswanderung an Karl Adolph Röhler aus Oberpöllnitz. Der verkaufte um 1860 an einen nicht zu ermittelnden Besitzer, da die Akte fehlt. Auf dem Haus u. Grundstück ruhte von altersher (1824/25) als vormalige Rittergutsschänke die Realschankgerechtigkeit. Das bedeutete, das Haus besaß das vererbbare Schankrecht, verbunden mit dem alleinigen Brau- u. Brennrecht für Ober-, Stein-, Buch- u. Mühlpöllnitz. Louis Schumann entwickelte die Gastwirtschaft zum Gasthof mit Herberge und Ausspanne weiter und führte den Namen Gasthaus „Zur Goldenen Aue“ ein.
Soweit so Gut, doch nun kam 1888 ein Problem auf den Ernst Louis Schumann zu. Im Großherzogl. Sächs. Bezirksamt des V. Verwaltungsbezirks zu Neustadt/O. fiel einem Beamten 1887 auf, dass für den Gasthof Schumann keine Betriebs- u. Schankerlaubnisurkunden vorliegen. Man forderte vom Gemeindevorstand Hempel in Oberpöllnitz einen Bericht an. Dieser antwortete pflichtgemäß am 9.12.1887, der Gasthof wäre nach einer vorliegenden Kaufurkunde am 26.10.1866 an Louis Schumann übergegangen und auf dem Haus würde auch die Realgastwirtschaftsgerechtigkeit ruhen. Damit gab sich das Amt in Neustadt/O. nicht zufrieden und der Bezirksdirektor erlässt am 26.01.1888 an den Gemeindevorstand die Anweisung, den Schumann zu beauftragen, Verleihungs- oder andere Urkunden und Nachweise binnen 14 Tage vorzulegen. Er sollte mit den angeforderten Unterlagen den Besitzübergang und die angebliche Realschankgerechtigkeit nachweisen. Außerdem sollte der Gemeindevorstand berichten, ob gegen Louis Schumann Bedenken hinsichtlich § 33 der Gewerbeordnung vorliegen und ob die Lokalitäten den polizeilichen Anforderungen genügen.
Am 2.02.1888 erstattete der Gemeindevorstand Hempel Bericht und teilte u.a. mit, dass vonseiten der Gemeinde keine Versagungsgründe vorliegen und die Lokalitäten den polizeilichen Anforderungen in jeder Hinsicht entsprechen. Nachweise seien im Gemeindearchiv nicht zu finden, doch würden alte Einwohner aussagen, den Gasthof gäbe es schon 50 bis 60 Jahre?
Am 8.02.1888 erschien Ernst Louis Schumann persönlich im Bezirksamt, übergab die Kaufurkunde zur Kopie und berichtete, über weitere Nachweise nicht zu verfügen. Im Amt wurde bemerkt, dass im Kaufvertrag nur eine Gastgerechtigkeit eingetragen ist, also das Recht, Gästezimmer anbieten zu dürfen. Nun kam natürlich auch die damalige Bürokratie ins Laufen. Am 15.02.1888 erging vom Bezirksdirektor an das Großherzogl. Sächs. Amtsgericht zu Auma die Anfrage, ergebenst Auskunft zu erteilen, ob in den vorliegenden Grund- u. Lehnsakten Nachweise vorliegen über bestehendes Realrecht auf dem Wohnhaus 225a in Oberpöllnitz. Der Direktor des Amtsgerichtes Auma antwortete in einem Schreiben vom 27.02.1888, dass eine Kaufurkunde des Ernst Louis Schumann vom 26.10.1866 vorliege, dass aber auch eine Kaufurkunde vom 17.07.1834 existiere, in dem der Herr Johann Karl Büttner aus Steinpöllnitz als Käufer hervorgeht. Er kaufte die Schänke nebst Zubehör und Grundbesitz in Oberpöllnitz mit der Nr. 225a und allen aufliegenden Rechten. Welches diese Rechte sind, wäre auch aus früheren Urkunden im Archiv nicht festzustellen. Auch eine weitere Anfrage am 2.03.1888 bei dem Großherzogl. Sächs. Bezirkskatasteramt zu Auma, wie das Grundstück im Kataster geführt wird, ergibt keine Klärung zu dem angeblichen Realrecht. Daraufhin wurde vom Bezirksdirektor des V. Verwaltungsbezirks zu Neustadt/O. auch noch das Großherzogl. Sächs. Landesarchiv in Weimar um Auskunft gebeten, zu oben genannter Thematik eventuell vorliegende Akten zu finden. Das Landesarchiv antwortet am 26.04.1888, dass man eine Ministerialakte Nr. XXVII gefunden hätte betreffs der Schankkonzession für Oberpöllnitz, verbunden mit Mühl-, Buch- u. Steinpöllnitz. Mit der Bitte um baldige Rückgabe wurde diese Akte nach Neustadt gesandt. Persönliche Zusammenfassung:
Es handelte sich um einen ausführlichen Vorgangsbericht des Geheimrats Freiherr v. Erffa vom 20.11.1823. Vor dem Aster`schen Gericht zu Oberpöllnitz (RG Aster) war ein wochenlanger Rechtsstreit durch das positive Einschreiten des Gerichtsherrn Dr. August Carl Aster beendet worden. Der Grund des Rechtsstreites war, Schankwirtin Witwe Demmrich, Haus Nr. 51 in Steinpöllnitz wurde bedrängt, dem neuen Schankwirt Johann Christian Friedrich Büttner, ebenfalls Steinpöllnitz, die auf ihrem Haus ruhende Realschankgerechtigkeit zu übereignen. Herr Büttner wollte an der neu projektierten Landchaussee von Mittelpöllnitz über Oberpöllnitz nach Triptis auf einem vom Rittergutsbesitzer Dr. Aster bereitgestelltem Grundstück ein Wohnhaus mit Gast- u. Schankrecht bauen. Die alte Rittergutsschänke sollte damit von Steinpöllnitz nach Oberpöllnitz verlegt werden. Durch Vermittlung des Herrn Dr. Aster und keinen Einspruch erhebenden Gemeinderat von Oberpöllnitz, kam es zur Einigung zwischen den Parteien und mit Beschluss vom 27.11.1823 erfolgte die Übertragung des Realschankrechts auf das Grundstück 225a und dem noch zu erbauenden neuen Gasthaus des Johann Christian Friedrich Büttner. Der Witwe Demmrich sicherte Rittergutsbesitzer Dr. Aster eine Befreiung von der Abgabenlast zu. Damit war das Problem geklärt, ob auf dem Gasthof Schumann die Realschankgerechtigkeit ruht.
Inzwischen hatte auch Ernst Louis Schumann am 25.03.1888 in einem ausführlichen Erklärungsschreiben an den Bezirksdirektor in Neustadt/O. noch einmal seine missliche Lage hinsichtlich der fehlenden Nachweise dargelegt. Mit Hilfe von Unterstützungsunterschriften alter Einwohner erklärte er, dass die Gast- u. Schankgerechtigkeit seit Bestehen des Hauses und bei jedem Besitzerwechsel schon immer bestanden habe. Auch der hohe Kaufpreis 1866 ließ ihn davon ausgehen, dass das Realrecht auf dem Grundstück dazu geführt hätte. Es wäre ihm damals nicht bewusst gewesen, sich das Schankrecht noch einmal gesondert genehmigen lassen zu müssen.
Fazit: Der Gastwirt Ernst Louis Schumann erhielt am 29.05.1888 vom Bezirksamt Neustadt/O. nachträglich die Erlaubnis zum Betrieb der Gastwirtschaft in dem ihm gehörenden Haus Nr. 225a des Ortes Oberpöllnitz, auf dem die Realschankgerechtigkeit ruht. Der Gemeindevorstand wurde beauftragt, die Urkunde zu überreichen und die Genehmigungskosten abzuverlangen. (1)
Quellen:
(1) ThStA Greiz, Kreisamt Gera, Akte 1545 ff.
(2) ThHStA Weimar, Bezirksdirektor des V. Verwaltungsbezirks Neustadt/O., Akte 11346 ff.
(3) ThStA Greiz, Kreisamt Gera, Akte 1544
Wolfgang Schuster, Triptis/Oberpöllnitz 3/2014 – akt. 1/2021

Ein Auszug - die komplette Aktenlage, auch zum Bau des Gasthofes 1823 und deren Vorbesitzer findet man auf der Hauptseite "Das Dorf Oberpöllnitz - Unterseite "Schankwirtschaften Historie"!
In dieser Aktendokumentation wird der Nachweis geführt, dass die 200-Jahrfeier 2012 im Landhotel und Gasthaus „Zur Goldenen Aue“ der Familie Schumann zwar ein einfallsreicher, aber unrealer Werbegag war. Es stimmen auch nicht die Aussagen der Stammtafel im Hotelhof „Wirte seit 1812“ und „Familienbetrieb seit 1812“. Das die Ahnen des 1. Gastwirts Ernst Louis Schumann (1842-1915) ebenfalls Gastwirte waren, kann mit den zurzeit bekannten Akten nicht nachgewiesen werden. Zumindest nicht für Ober- u. Steinpöllnitz und im ehemaligen Wohnort Geheege gab es nie eine Schänke.