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Schankwirtschaften Historie

Historischer Gastronomie-Report für Oberpöllnitz

Aktenaussagen zu Gast- und Schankwirtschaften
In den Wintermonaten der letzten 2 Jahre habe ich mich mit der Historie der Gastronomie im Dorf Oberpöllnitz befasst. Dazu war es erforderlich, mich mit der Aktenlage vergangener Zeiten zu beschäftigen. Die wichtigsten Unterlagen befinden sich im ThStAG und im ThHStAW. Möglicherweise gibt es für den Ort in anderen Archiven auch Aktenmaterial, doch habe ich zurzeit darüber keine Information. Leider sind auch umfangreiche Bestände in den letzten Kriegsmonaten 1945 verloren gegangen. Die vorgefundenen Akten habe ich ausgewertet und eine inhaltliche Zusammenfassung in einem 14-Punkte-Report erstellt. Schwerpunkte sind Streitigkeiten zum Schankrecht, unerlaubtem Ausschank und Konzessionsanträge von privaten Personen oder sonstigen Gewerbeinhabern. Verschiedene Textpassagen habe ich ausführlicher aufgeführt, da in zahlreichen Briefen, in denen ein Einspruch zu beantragten Ausschankgesuchen formuliert wurde, auch private, soziale oder gesellschaftliche Konflikte der damaligen Zeit zutage treten. Die inhaltliche Wiedergabe der alten Akten erfolgt vorbehaltlich meiner richtigen Übersetzung. Ergänzungen, die zur Erweiterung des Reports beitragen, nehme ich gerne entgegen.

In meinem Report verwende ich die in den Akten benutzten alten Bezeichnungen und Begriffe. Die 14 Themen sind als Links in der Homepage aufgeführt. Immer wieder auftretende Altbegriffe möchte ich hier kurz erklären.

Realschankgerechtigkeit - Das sogenannte Realrecht, ein besonderes Privileg, war nicht an eine Person vergeben, sondern ruhte auf dem Grundstück mit dem Gewerbegebäude. Dadurch bekam das Grundstück einen höheren Wert. Die dazu verliehene Schankgerechtigkeit beinhaltete in der Regel die Berechtigung, Bier zu brauen und Schnaps zu brennen und diese an Gäste auszuschenken. Dieses Schankrecht schloss jedoch das Recht der Beherbergung nicht ein. Dafür bedurfte es der Bewilligung des Beherbergungsrechts. In früheren Zeiten besaßen die Adelshäuser das Dominikal = Brau- und Schankrecht. Diese Rechte konnten sie getrennt oder komplett auch an Dorfbewohner des Gutsbezirkes übertragen. Siehe die Themenpunkte 02 und 03. Solch eine Schankwirtschaft besaß jedoch noch nicht die besonderen Privilegien einer altehrwürdigen Kretscham.
Kretzscham - Ein Erbgasthof, ausgestattet mit adligen Privilegien, wie dem Recht zum Bier-, Wein- und Branntweinschank sowie zum Backen, Schlachten, Beherbergen und Branntweinbrennen. Der Betreiber war der Kretschmar. In früheren Zeiten Pächter dieser Rittergutsschänke.
Mit den adligen Rittergütern waren Verpflichtungen und Privilegien verbunden. An das Gut waren staatsrechtliche Befugnisse in Form von Realrechten gebunden – Rechte, die nur dem jeweiligen Eigentümer eines bestimmten Grundstücks zustanden. Staatsrechtliche Befugnisse, wie z.B. die Schankgerechtigkeit, waren also unmittelbar auf das Grundstück gelegt und gingen bei Übertragung entsprechend auf den neuen Eigentümer über. In Sachsen hatte der Adel das Privileg, seinen Tischtrunk selbst zu brauen bzw. auch auszuschänken. Meist wurde es mehr und es kam dadurch zu den vielen Streitigkeiten mit den umliegenden Städten und ihren Meilenrechten.
Gasthof - Im Unterschied zum Gasthaus, besaß der Gasthof neben der Erlaubnis des Bier- und Branntweinschanks, in der Regel noch das Recht der Beherbergung, der Ausspanne, eventuell auch des Brauens und des Schlachtens. Die Verabreichung von Speisen bedurfte einer entsprechenden Konzession. Die meisten Gastwirte der früheren Zeit führten ihre Wirtschaft im Nebenerwerb und gingen ihren Hauptbeschäftigungen als Bauer, Bäcker oder Fleischer nach. So war der Wirt Eschke auch Bäcker, der Wirt Demmrich Fleischer, beide zu Steinpöllnitz, die Oberpöllnitzer Wirte Büttner Bauer und Materialwarenhändler, der Wirt Golle Leineweber und Materialwarenhändler, die Wirte Schumann Bauer, Fleischer und Materialwarenhändler, der Wirt Paul ebenfalls auch noch Fleischer mit Schlächtereibetrieb.
Schänke - Es war die urwüchsigste Form der erlaubten Bewirtung. In der Regel in der Wohnstube oder im Nebenraum eines Kleinkrämers oder Gewerbebetreibers.
Amtsnamen - Von 1802 bis 1850 befand sich der Sitz des "Amt Arnshaugk" in Neustadt/O. und wurde in Folge als Amt Neustadt/O. bezeichnet. Mit der Bildung neuer Verwaltungsstrukturen im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach 1850 wurde das Amt die "Bezirksdirektion im V. Verwaltungsbezirk zu Neustadt/O." und bestand bis 1920. Danach, mit der Bildung des Landes Thüringen, war die Bezeichnung bis 1922 "Thüringisches Bezirksamt Neustadt/O.". Von 1922 bis 1952 gehörte Oberpöllnitz zum Landkreis Gera und unterstand dem Thüringischen Kreisamt Gera.

Für die Unterstützung bei der Suche nach den Akten und ihrer Bereitstellung zum Studium derselben, danke ich ganz besonders den Mitarbeitern des Thüringischen Staatsarchivs in Greiz (ThStAG) und des Thüringischen Hauptstaatsarchivs in Weimar (ThHStAW).
Ebenso danke ich auch Frau Pastorin Baumgarten vom Evang.-Luth. Pfarramt Pillingsdorf für ihre hilfreiche Unterstützung.
Wolfgang Schuster, Triptis/Oberpöllnitz 4/2015 - akt. 11/2020

01 Die marode Aktenlage der Frühzeit ist ausgewertet. Siehe die folgende Hauptseite und die Fortsetzungen als PDF- Links.

Die Geschichte der Schankwirtschaft in Oberpöllnitz/Thür. – Eine Auswertung der vorhandenen Aktenlage in den Thüringer Staatsarchiven zu Weimar und Greiz. Diese Dokumentation 4/2020 ist ein Nachtrag zu der bereits veröffentlichten Historie der Schankwirtschaften. Siehe nachfolgende PDF-Links!

1. Die früheste Aktensammlung bezieht sich auf die Jahre 1680 bis ca. 1697
und besteht leider vorwiegend aus Aktenresten im zum Teil üblen Zustand. Im Folgenden eine inhaltliche Zusammenstellung über die dokumentierten Streitigkeiten wegen unerlaubten Bierausschank. Mit diesen Streitigkeiten war immer wieder Heinrich Richter beschäftigt, Vorsteher der adligen Pöllnitz`schen Gerichte und Schösser. Er residierte in Münchenbernsdorf, zu dieser Zeit Pöllnitz-Besitz.
1.1 In der Altgemeinde Oberpöllnitz war der Reihenschank verboten. Es gab in der Rittergutssiedlung Steinpöllnitz eine Kretscham (adlige Schankwirtschaft) mit ihrer Zuständigkeit für die Altgemeinde. Das war natürlich ständig Ursache für unerlaubtes Brauen und Ausschänken im 1 km fernen Dorf. Deshalb sah sich die adlige Herrschaft 1680 genötigt, über ihren Gerichtsverwalter Heinrich Richter den Gemeindevorstand wieder einmal zu belehren, dass er darauf zu achten habe, wo im Ort unerlaubt ein Schroten und Ausschenken erfolgt. Dies wäre strafbar und würde von der adligen Herrschaft auch verfolgt. Bierbrauen dürfe nur ein „Nachbar“ aus besonderem privatem Anlass zum Eigenverbrauch und mit adliger Genehmigung. (Nachbar: Vollmitglied einer Dorfgemeinschaft) (Detaillierte Aussagen zum Reihenschank gibt es im PDF-Link 05)
1.2 1682 hat der Fleischer Thomas Frantz unerlaubt Bier ausgeschenkt. Er wird vom adligen Gericht verwarnt und von Heinrich Richter an den Ortsrichter Nicol Keppel überantwortet, zwecks Zahlung einer Strafe.
1.3 1685 beschwert sich der Rat der Stadt Triptis bei Herrn Christian Julius v. Schauroth als Pächter des Ritterguts über das Verzapfen (Ausschank) des zu Oberpöllnitz gebrauten Bieres. Der Rat droht an, dass sie dagegen vorgehen werden wenn Herr Schauroth nichts dagegen unternehme. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Rat auf den noch gültigen „Saalfelder Schied“ von 1537. (Detaillierte Angaben dazu gibt es ebenfalls im PDF-Link 05 und ausführlich zum Meilenrecht der Städte, siehe Rudolf Scheuch, „Amtsblatt der Stadt Triptis“, Nr. 13/2009 u. Nr. 1+2/2010)
1.4 Um 1685/90 beschwert sich mehrmals der Pfarrer Christian Frosch beim Gemeindevorstand über Paul Geutener wegen dessen ständigen unerlaubten Bierausschanks, obwohl dieser schon mehrmals gelobt hat, kein Bier mehr auszuschenken. Sein Haus liegt nahe der Pfarrei und der Pfarrer würde selbst in der Schlafkammer in seiner Ruhe gestört. Geutener wird vorgeladen, leugnet den Ausschank und wehrt sich gegen die Vorwürfe des Pfarrers. (Das der Pfarrer die Wahrheit spricht, zeigen weitere Beschwerden über den Paul Geutener.)
1.5 Wegen weiterer Vergehen wurde später eine erweiterte Gemeinderats-Versammlung durchgeführt, an der auch v. Schauroth, der Schulmeister auch mit Namen Christian Frosch (keine Verwechslung!) und weitere wichtige Einwohner teilnahmen. Der Pfarrer Christian Frosch bedankt sich für die Aufmerksamkeit, beschwert sich jedoch sogleich über den v. Schauroth, dass er noch nicht ernsthaft gegen solchen Bierausschank vorgehe, sich auf die Seite der Einwohner stelle und damit gegen seinen Beichtvater. Er würde dem Paul Geutener mehr glauben als seinem Beichtvater! Der Pfarrer schlug vor, einen Ausschank auf das Haus des Paul Mäurer zu gestatten, da dieses Haus weiter von der Pfarrei weg stehen würde. Mäurer wäre auch bereit, das Spondgeld zu zahlen. (Steuergeld pro Fass Bier) Der Vorschlag wurde abgelehnt, da der Gemeindevorstand diesen Vorschlag wegen dem Meilenrecht nicht genehmigen könne.
Es beschwerte sich auch der Schulmeister über den Paul Geutener, weil dessen Gäste stören und rauchen, auch der Ofen in dessen Stube nicht genug sicher sei und durch Unachtsamkeit eine Feuersbrunst drohe. Geutener würde mit Kumpanen so viel Bier trinken, dass sie sich beim Abendmahl oft daneben benehmen würden. Auch der anwesende Pöllnitz`sche Gerichtsvorsteher Heinrich Richter forderte vom Ortsrichter Nicol Keppel mehr Strafanwendung.
(Es änderte sich nicht allzu viel, denn es gab immer wieder unerlaubtes Ausschenken und zahlreiche Beschwerden. So auch über den Fleischer Thomas Frantz, über Hans Christian Euler oder über den Pachtjäger Johann Georg Schilling.)
1.6 Um 1695 beschwerte sich wiederholt der Bürgermeister der Stadt Triptis, Herr Thrauner, bei dem adligen Pöllnitz`schen Gerichtsvorsteher Heinrich Richter über das unbefugte Bierausschenken in Oberpöllnitz. Er bezog sich wiederum auf den „Saalfelder Schied“ von 1537 und forderte auch von der adligen Herrschaft, diesen Vertrag zu achten. Auch auf dem Rittergut wurde gebraut und wahrscheinlich unerlaubt „verzapft“. Im Schied war festgelegt, dass der Rittergutsbesitzer zu Oberpöllnitz u.a. 15 Fass Bier, je 5 Eimer zum Eigenverbrauch brauen darf und dieses Bier auch in seinen Erbschänken in Stein- u. Mittelpöllnitz ausschenken darf. (Dresdener Maß: 1 E = 67,36 Liter) Mehr Bier durfte nur aus den Städten Triptis, Auma und Neustadt bezogen werden.
Außerdem war dem Rat von Triptis bekannt geworden, dass in Oberpöllnitz Bier aus Schwarzbach ausgeschenkt würde. Man forderte Heinrich Richter auf, die betreffenden Personen zu bestrafen. Es betraf den Jobst Gareiß zu Oberpöllnitz. Der hatte Bier aus Schwarzbach geholt und auch unerlaubt ausgeschenkt. Der Bürgermeister zu Triptis stellte fest, dass das gegen die Landesordnung verstoße und bat Heinrich Richter um Erlaubnis, dem Nachgehen zu dürfen. Dem stimmte Richter nicht zu, sondern veranlasste selbst eine Hausdurchsuchung. Wie diese Gareiß-Angelegenheit ausging, konnte in den folgenden verderbten Aktenblättern inhaltlich nicht erfasst werden. Viele Stellen sind gestrichen, korrigiert oder fehlen ganz. Es scheint aber eine Einigung zwischen dem Rat von Triptis, Heinrich Richter und Jobst Gareiß gegeben zu haben.

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass es in Oberpöllnitz dauerhaft unerlaubtes Ausschenken gegeben hatte. Grund war ohne Zweifel eine fehlende Schankwirtschaft der Gemeinde und die vorhandene Erbschänke des Ritterguts in Steinpöllnitz war zu weit entfernt. Natürlich war solch ein privater Ausschank auch eine gewisse Nebeneinnahme. In den Texten der nachfolgenden 11 PDF-Links zeigen sich diese sozialen Probleme der Vergangenheit, die Ursachen für Streitigkeiten und der bestehende Konkurrenzneid.
Quelle:
- ThHStA Weimar, Amt Neustadt/O., Akte 1741

02-einspruch-eschke-u.-demmrich-1815.pdf [233 KB]
03-gasthaus-buettner-1824.pdf [258 KB]
04-windmuehle-ziessler-1835.pdf [233 KB]
05-antrag-gemeindeschenke-1836.pdf [305 KB]
06-gasthof-schumann-1866.pdf [349 KB]
07-gasthaus-golle-1867.pdf [358 KB]
08-windmuehle-zahn-1870-u.-09-franke-1882.pdf [223 KB]
10-gesuch-zahn-1882.pdf [214 KB]
11-gesuch-cassel-1898.pdf [222 KB]
12-gasthaus-paul-1899.pdf [289 KB]
13-gesuch-meissner-1905-u.-14-thoss-1921.pdf [264 KB]

Gasthof "Zur Goldenen Aue" mit Fleischerei und Materialwarenhandlung.
Inhaber Familie Schumann

Ehemaliges Gasthaus "Golle" mit Materialwarenhandlung.
Inhaber Familie Golle

Ehemaliges Gasthaus "Zur Krone" mit Fleischerei und Kohlenhandlung.
Inhaber Familie Paul / Familie Rust (Schwiegersohn)