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Die Aufgaben eines Wirtschaftsbeamten auf einem Rittergut
Vor einiger Zeit habe ich vom Familienarchiv Papsdorf das Buch „Bauer und Gutsherr“ überreicht bekommen. In diesem Buch werden u.a. auch die Beziehungen zwischen dem Gutsherren und seinen Lehnsuntertanen dargelegt, werden die sogenannten „Gutsbeamten“ vorgestellt und deren Aufgaben erläutert.
Einen solchen Bediensteten zeige ich auf dieser Homepage im Bild. Es ist Herr Treiber, der letzte Hofmeister des Rittergutes Oberpöllnitz vor der Enteignung 1945. Welche Aufgaben hatte solch eine Person?

Der Hofmeister
Er gehörte zu den niederen Beamten und musste sich gleich den Höheren eidlich verpflichten, der Herrschaft stets getreu, hold und dienstgewärtig zu sein. Allen Schaden nach Kräften abzuwenden, nach bestem Wissen der Herrschaft Bestes und Nutzen in der Wirtschaft zu fördern und hierbei den Weisungen der Herrschaft oder des etwa vorhandenen Oberbeamten gebührend nachzukommen. Die Lösung des Dienstverhältnisses erfolgt in der Regel nach einer beiden Teilen zustehenden vierteljährigen Kündigung. Im Falle erwiesener Untreue oder anderer Verletzung seiner Pflichten kann jedoch ein Hofmeister Knall und Fall fortgejagt werden. Der Geschäftskreis eines solchen niederen Beamten ist je nach den oben angedeuteten Verhältnissen bald enger, bald weiter. Im Einzelnen ist noch Folgendes zu erwähnen: Der Hofmeister, auch Feldvogt genannt, beaufsichtigt in erster Instanz das Gesinde und die Fröner, hält sie zu Treue und Fleiß an und darf sich die Frondienste nicht abkaufen lassen. Er hat dafür zu sorgen, dass die Felder mit dem Hof- und Frongeschirr tüchtig und hauswirtschaftlich gedüngt, bearbeitet, besät und bestellt werden und dass dabei die Fröner ihre Lieferung an Brot und Käse erhalten. Getreide, Heu und Grummet müssen trocken eingefahren, wohl verwahrt und sparsam verbraucht werden. Die Wiesen und Pläne müssen richtig gehegt und gepflegt, auch von Maulwurfshaufen zu rechter Zeit gereinigt werden, neue Fußsteige und Fahrwege dürfen darüber nicht gemacht werden. Der Feldvogt darf den Nachbarn keine Grenzverletzungen durchgehen lassen und muss in Streitfällen Untersuchung veranlassen. Die Zäune müssen ausgebessert, die Gräben und Wasserfurchen rechtzeitig gehoben und das Röhrwasser jederzeit in gutem Stand gehalten werden. Ein guter Hofmeister muss darüber wachen, dass die Knechte die Pferde ordentlich pflegen, füttern, tränken und beschlagen, kein Futter veruntreuen, auch zu rechter Zeit an- und ausspannen. Er muss das Gesinde rechtzeitig zu Bett schicken und wieder wecken, auch dafür sorgen, dass mit Licht und Tabakrauchen kein Unheil in den Ställen angerichtet wird und dass die Essen so oft als nötig gekehrt werden. Er darf keine fremden Leute im Gehöft dulden und selbst ohne Not nicht über Nacht daraus fortbleiben. Er hat dem Gesinde zu rechter Zeit und ordnungsgemäß das gehörige Essen an Brot, Zugemüse und Zukost (Butter und Käse) sowie zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten das dafür bestimmte Fleisch richtig zu geben und mit ihm alle Mahlzeiten an demselben Tische einzunehmen. Wünschenswert ist, dass ein Hofmeister allerlei Werkzeuge, Hausrat, Schiff und Geschirr im Notfall selbst auszubessern versteht, damit das Inventar an Sägen, Äxten, Beilen, Radehacken, Spitzhacken, Schippen, Spaten, Mistgabeln, Wagenleisten, Schwingen, Eggenzinken, Pflugrädern, Zügeln, Strängen usw. jederzeit in brauchbarem Zustande sei. Äußerst vorteilhaft ist es ferner, wenn ein Hofmeister eine tüchtige Frau hat, die dann als Hofmeisterin oder Käsemutter das Haupt der Mägde ist, gegen die sie nicht zu gelind, aber auch nicht allzu rasch und bös sein darf. Sie muss die Mägde zum Grasschneiden und ordentlichem Füttern des Viehs scharf anhalten, die gewonnene Milch sowie Butter und Käse sorgsam und treulich behandeln. Die Pflege und Fütterung des jungen Viehes, der Kälber und Ferkel, der Gänse, Enten, Hühner usw. ist ihr besonders anvertraut. Sie muss das Backen und Kochen gründlich verstehen, den ihr übergebenen Hausrat und das Küchengeschirr blank und sauber sowie mithilfe der Mägde im Hof, in den Ställen, Kellern, Küchen, Stuben, Kammern und Böden alles ordentlich rein und nett halten. Ihre Kinder soll sie zuvorderst zum Gebet und dann zur Arbeit antreiben, und ihnen mit gutem Exempel vorleuchten. Das Gesinde soll sie mit Unterstützung ihres Mannes, von gegenseitigem Zank, Hass und Neid abhalten, auch muss sie ihren Mägden bisweilen nachts nachschleichen, die Kammern visitieren und sehen, ob sich nicht etwa eine verirrt oder einen ungleichen Schlafgesellen bekommen habe.
Entnommen aus „Bauer und Gutsherr“ von Friedrich Johannes Haun, Strassburg 1892
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Familienarchivs Papsdorf vom 11.09.2008.
www.familienarchiv-papsdorf.de
Wolfgang Schuster, Triptis/Oberpöllnitz 9/2008 - akt. 6/2017

Herr Treiber, der letzte Hofmeister auf dem Rittergut Oberpöllnitz.