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Rittergut Oberpöllnitz

Das in Thüringen einmalige Rundschloss mit Blickrichtung auf die Westfront und dem Eingangsportal im Jahr 1928.

Die Hofansicht des RG 1939, östliche Blickrichtung. Kornhaus, große Scheune mit Wagenremise, Forsthaus. In der Bildmitte die Tiertränke mit dem teilweise noch erhaltenen Wassergraben. Die Wasserversorgung erfolgte mittels Röhrwasser aus dem nördlich gelegenen Waldgebiet. Siehe nachfolgende Unterseite: Die Wasserversorgung des Ritterguts

Die Hofseite nordwestlich gegenüber dem Eingangtor zu den Ställen hin. Groß im Bild das Kornhaus, links daneben der Kuhstall, 1902 erbaut und ganz links die Pferdeställe sowie das sogenannte "Butterhaus", in dem die Milch auch teilweise zu Butter und Käse verarbeitet wurde. Chefin war hier die Frau des RG-Pächters Abicht selbst. Die Kinder sind: Erika u. Edith Abicht, Hannelore Schuster mit Lamm und links Isolde Laitsch, Bild von 1943

Hofansicht links: Wirtschaftsräume, Wohnungen, Schweine- u. Pferdeställe.
Diese 3 dreijährigen Pferde wurden mit dem 1. Preis ausgezeichnet und 1941 an die Wehrmacht übergeben.

Nordansicht des Rittergutes 1938. Im Vordergrund Melkermeister Ulrich Schuster, Thüringer Landesmeister im Leistungsmelken 1938 u. 1940. Er kam 1933 von der Melkerschule Kempten auf das Rittergut Oberpöllnitz.

Heutige Ansicht im Jahr 2004. Der Scheunenteil mit der Wagenremise und dem links stehendem Kornhaus im 2. bzw. 3. Bild wurde 1946 abgerissen und eine Straße angelegt. Die ursprüngliche Straße befand sich weiter links und verlief außen am Rittergut vorüber.

Der "Schafberg" im Jahr 2004. Hinter dem Eichenbaum befand sich der Schafstall des Rittergutes. Auch er wurde 1946 abgerissen. Das gewonnene Baumaterial wurde für den Neubau der Neubauernhöfe zur Verfügung gestellt. Der Schafstall hier im Ort hatte nur eine untergeordnete Bedeutung. Die Adelsschäferei des Ritterguts war im Vorwerk Geheege.

Auf diesem Bild ist der im Rahmen der Dorferneuerung neu gestaltete Schafberg zu sehen. Diese Maßnahme wurde im Jahr 2008 vorgenommen und setzte sich im Jahr 2009 mit der Erneuerung der Dorfteiches und seines Umfeldes fort.
Die herrliche "Adolf-Eiche" wurde 1933 gepflanzt.

Rittergutsgeschichte

Die Historie der Rittergüter im Allgemeinen
Das Rittergut als eine ehemalige historische Institution in den Dörfern unserer Heimat gibt es nicht mehr. In Oberpöllnitz existieren lediglich noch Reste der baulichen Hüllen früherer beachtlicher Größe und nun natürlich neuen Nutzungen unterworfen. Solch ein Gut hatte eine große Gewichtung im Dorf, denn es war ja als Mittelpunkt und Sitz einer Grundherrschaft lokale Behörde und beispielsweise im Königreich Sachsen, zu dem unser "Neustädter Kreis" gehörte, sogar bis 1855 Gerichtsinstanz. Als Rittergut wurden ursprünglich dem niederen Dienstadel, den Rittern, für geleistete Dienste überlassene Besitzungen bezeichnet, ausgestattet mit regional unterschiedlich ausgeprägten Privilegien. Mehrere dieser mit dem Besitz des Rittergutes verbundenen Privilegien empfing der Berechtigte in seiner Eigenschaft als Grundherr, dem de facto sämtlicher Grund und Boden der dem Rittergutsbezirk unterstellten Dörfer gehörte und diesen an die Bauern nur verliehen hatte. Dafür erhielt er festgelegte jährliche Geld- und Naturalabgaben, später auch Leistung von Frondiensten. Der grundherrliche Status berechtigte weiterhin zur Ausübung der Jagd, zur Trift und Hutung des eigenen Viehs auf den Feldern der Bauern und Gemeinde, zur Konzessionserteilung bestimmter Tätigkeiten, zur Nutzung von Bannrechten und zum Patronat über Kirche und Schule. Weitere Rechte standen dem Inhaber des Rittergutes in seiner Eigenschaft als Gerichtsherr zu. Die damalige Rechtspflege umfasste sowohl Justiz- wie auch Verwaltungsangelegenheiten und wurde als Niedere oder Hohe Gerichtsbarkeit ausgeübt.
Weitere Besonderheiten waren steuerliche Erleichterungen und die damit verbundene Zahlung von Ritterpferd- und Donativgeldern, eine Art freiwillige Steuer an den Landesherrn. Des Weiteren die Landständigkeit und Landtagsfähigkeit sowie die seine Stellung zum Lehnsherrn beschreibenden Lehnsverhältnisse. Die Entstehung dieser freiwilligen Steuer lag in der ursprünglichen Aufgabe der Rittergutsbesitzer im Mittelalter. Diese waren als Dienstmannen ihrem Lehnsherrn die Leistung des Ritter- und Heerdienstes schuldig, und zwar durch Aufstallung einer festgelegten Anzahl von Ritterpferden, die jedem Rittergut auferlegt wurde. Neben Teilnahme an kriegerischen Auseinandersetzungen umfasste der Ritterdienst auch Aufwartungen bei Hofe und Geleit, also repräsentative Aufgaben. In Friedenszeiten wurden mehr oder minder regelmäßig Heerschauen oder Musterungen abgehalten, um die Vasallen zu ihren ritterlichen Pflichten anzuhalten. Die Zahl der auf jedem Gut haftenden Pferde hing wohl anfangs mit der Größe der Besitzungen zusammen, so dass auf einen Rittersitz mindestens ein Pferd oder ein vielfaches davon gerechnet wurde. Erst durch spätere Teilungen oder Verkäufe des Grundbesitzes entstanden Einheiten von ½, ⅓ oder ¼ Ritterpferden. In gewissem Maße sind also aus solchen Angaben Schlüsse über Größenveränderungen oder eventuelle Erbteilungen zu ziehen. Diese Form der Kriegsdienste, Ritterdienste mit Pferd und Knappen, wurden aufgrund der sich verändernden Militärstrategien und ihrer dadurch hoffnungslos überholten Kampfweise im Laufe des Dreißigjährigen Krieges weitgehend abgeschafft. In Kursachsen konnte der zu leistende Kriegsdienst abgekauft werden. Die besonderen Rechte und Privilegien der Rittergutsbesitzer sind keinerlei persönliche Vorrechte des Inhabers gewesen, sondern lagen einzig und allein auf dem Rittergut selbst. Erst der Besitz des Rittergutes berechtigte zu ihrer Inanspruchnahme. Später im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die freiwillige Steuer des Ritterdienstes aufgehoben, ebenso die meisten anderen Vergünstigungen und Machtbefugnisse, wie z.B. Frondienst, Gesindezwang und Gerichtsbarkeit.
Mit Beginn der 2. Kolonisationswelle Ende 12. Jahrhundert sowie im 13. Jahrhundert und auch danach, sprach man noch nicht von Rittergütern. Vorläufer waren die sogenannten Edelhöfe, Vorwerke, Klostervorwerke, Freigüter, Sattel- oder Siedelhöfe der Lehnsgeber oder auch bäuerliche Erbzinsgüter. Erst mit der Erstarkung und Festigung des Herrschaftsgefüges und der Ausbildung des mittelalterlichen Lehnswesens bis hinunter zum Ritter, Ministeriale und Bauern, wurden diese Höfe Rittergüter im bekannten gebräuchlichen Sinne. Bestimmend dafür war aber auch die Verleihung von Rechten der Gerichtsbarkeit und die damit verbundene Errichtung einer Herrschaft über zugehörige Dörfer, einzelne Bauerngüter, Müller, Kretschmer oder sonstiger Personen. Der Existenz der Rittergüter wurde in Ostdeutschland, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, durch die landwirtschaftliche Bodenreform 1945 ein jähes Ende gesetzt. Mit der Enteignung der landwirtschaftlichen Großbetriebe und somit auch der Rittergüter beseitigte man diese jahrhundertealte Machtinstanz, die das dörfliche Leben bisher entscheidend geprägt hatte. Natürlich war zu diesem Zeitpunkt das Rittergut schon ein reiner Wirtschaftsbetrieb und nur der Name erinnerte noch an die im Spätfeudalismus entstandenen Herrschaftssitze mit ihren Macht besitzenden Rechten. Die Periode des Verfalls der feudalen Strukturen setzte in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, bedingt durch zunehmende Industrialisierung, weit reichenden Reformen auf politischer u. wirtschaftlicher Ebene aber auch durch zunehmender Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion. Dies erforderte eine völlige Neuorientierung der Rittergüter und bedingte in der Regel die Ausrichtung zu einem land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftshof.
Ihre Spuren sind aber auch heute noch in allen Orten zu finden und geben ein beredtes Zeugnis vergangener Verhältnisse wieder. Auch wir in Oberpöllnitz finden Bezug nehmende Flurnamen und eine dörfliche Struktur, die erweitert wurde mit Handwerker- und Tagelöhnerhäusern, gefördert vom Grundherrn, und ein herrschaftliches Gebäude, dem Schloss. Der weitaus umfangreichere Teil der Häusler- und Gärtnerstellen entstand auf Initiative der Rittergüter. Die Rittergüter, entstanden aus den Herrensitzen und Burgen der adeligen Dienstmannen des Territorialherrn, wurden eigentlich erst nach 1400 zum Rittergut durch dessen Ausbau zu einem überwiegend landwirtschaftlichen, teils forstwirtschaftlichen und später auch gewerblichen Eigenbetrieb. Man denke nur an das Brau- und Brennrecht, das Betreiben von Ziegeleien und Steinbrüchen. Die erforderlichen Feldbauarbeiten erfolgten durch Frondienste, die anderen Arbeitsbereiche wurden durch das Gesinde und durch Tagelöhner abgedeckt. Um den Bedarf an freien Arbeitskräften zu sichern, wurden eine Reihe kleiner Hofgüter und Häusler angesiedelt, die ihren Lebensunterhalt nicht mehr durch eigene landwirtschaftliche Produktion bestreiten konnten, da der entsprechende Besitz fehlte. Sie waren vielmehr auf Nebenverdienste angewiesen, wie auf Tagelohnarbeit beim Großbauern, vorwiegend aber auf dem Rittergut oder auf Ausübung eines Handwerks. Viele der Häusler gingen, vom Ansiedlungsförderer gewollt, einer der folgenden Handwerksarbeiten oder Tätigkeiten nach: wie Wagner, Horndrechsler, Ziegelbrenner, Fuhrmann, Zimmermann, Maurergeselle, Korbmacher, Schneider, Schuhmacher, Dorfwächter, Lebensmittelhändler oder Hufschmied.
Die Ursachen für den Differenzierungsprozess sind also vielfältig und gliedern die Dorfbewohner im 18./19. Jahrhundert in mehrere soziale Schichten, die sich keinesfalls mehr auf die einfache Einteilung der ländlichen Bevölkerung in Bauer und Gutsherr reduzieren lassen.

Wolfgang Schuster, Triptis/Oberpöllnitz 11/2004 - akt. 6/2020

Rittergutsbesitzer u. Forstmeister Curt Aster auf dem Weg zu seinem Forstrevier im Rodabornwald. Gut zu erkennen ist der alte Straßenverlauf außen am Rittergut vorbei.

Maiausflug 1935 an die Saaletalsperre mit den Mitarbeitern.

Frau Henni Geßner aus Mittelpöllnitz nimmt im Juli 2000 noch einmal ihren Stammplatz ein, auf dem sie als junge Frau gerne gesessen hatte. Sie wohnte einige Jahre im Pächterhaus und arbeitete bei ihrem Onkel u. Rittergutspächter Albert Abicht.

Obermelker Ulrich Schuster in seiner Allgäuer Anzugsordnung und mit der Simmentaler Leistungskuh "Gretel" 1936.
Bemerkung von Wolfgang Schuster: Mit solchen Klauen führt man keine Kuh vor die Kamera!

Stallmeister Otto Schuster kam 1935 aus Günzburg mit auf das Rittergut und hatte auch immer ein Herz für die Kinder, deshalb der Spaßausflug. Er ging 1946 wieder zurück in seine Heimat, während Bruder Ulrich Schuster im Ort als Neubauer startete.

Die neu entstandene "Siedlerstraße" im Zustand 1957. Mit der Schaffung der Neubauernhöfe im Rittergutsbereich wurden einige Wirtschaftsgebäude abgerissen, auch um Baumaterial zu gewinnen. In den entstandenen Freiräumen verlegte man nun die Straße durch das Rittergutsgelände. Sehr oft waren bei gutem Ausgang der Anwohner erst einmal bis zum Dorf die Gummistiefel erforderlich! Links neben dem Hof Zuchold fehlt noch die 1956 abgebrannte Scheune vom Hof Petzold.